// DÄNISCHE TRADITIONEN AN DONAU UND ALLER

// LORENZEN MAYER ARCHITEKTEN, BERLIN / KOPENHAGEN
Als sich die Wege von Carsten Lorenzen und Reinhard Mayer erstmals an der TU Dresden kreuzten, war schnell klar, dass sie trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe eines verband: das Verständnis einer Architektur, die sich aus dem Kontext entwickelt. Mit der Gründung ihres Büros Lorenzen Mayer Architekten in Berlin überführten sie diese Haltung schließlich in die Praxis.
Zwei Architekten, deren beruflicher Werdegang – zumindest aus geografischer Sicht – verschiedener nicht sein könnte. Aufgewachsen im deutsch-dänischen Grenzland, absolvierte Carsten Lorenzen sein Architekturstudium in Washington und Kopenhagen, wo er schließlich sein Büro gründete. Reinhard Mayer dagegen zog es zunächst in den Süden, nach Barcelona und Südtirol. Heute arbeiten sie mit 25 Mitarbeiter*innen an Projekten aus dem Städte- und Wohnungsbau. Jedoch sehen sie diese beiden Disziplinen keinesfalls getrennt, sondern plädieren für eine ganzheitliche Betrachtung, in der der städtebaulich Kontext eine wesentliche Rolle für die Architektur spielt.
Trotz aller rigiden Vorgaben im Rahmen des Weltkulturerbes tritt das Ensemble moderat zeitgenössisch in Erscheinung.
„Natürlich ist es immer ein Experiment, da man erst nach der Fertigstellung sieht, wie gut sich die Gebäude einfügen und von den Menschen angenommen werden.“
Reinhard Mayer über das Bauen im städtischen Kontext
// DIE MATHEMATISIERUNG DER ARCHITEKTUR
Während dies in der dänischen Bautradition der gängige Ansatz sei, werde die Ganzheitlichkeit in Deutschland häufig vernachlässigt. Das zeige sich vor allem im Wohnungsbau. Die hier entstehende Architektur werde immer stärker „mathematisiert“: Zahlen und Technik stehen im Vordergrund – auf Kosten von städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten. Umso schwieriger sei es deshalb, die Bauherrschaft vom architektonischen Mehrwert eines Steildachs zu überzeugen. Hierzu brauche es eine gute Argumentation und im besten Fall einen historischen Kontext, wie beim Ostermeier-Quartier.
// FORTSETZUNG EUROPÄISCHER STADTBAUKUNST
Das Grundstück, das für den Neubau des Stadtquartiers vorgesehen war, könnte einmaliger nicht sein. An der Donau, inmitten eines UNESCO-Weltkulturerbes, der Regensburger Altstadt, gelegen, verlockte es regelrecht dazu, sich durch außergewöhnliche Dachformen skulptural und expressiv von der Umgebung abzuheben. Lorenzen und Mayer verfolgten jedoch ihren eigenen Ansatz: Um dem kleinteiligen Prinzip des mittelalterlichen Kontexts gerecht zu werden, entwickelten sie zehn Stadthäuser mit jeweils eigenem Dach. Jedes Gebäude erhielt drei geneigte Flächen und eine Giebelseite, deren Positionierung variiert und die einzelnen Bausteine ablesbar macht. Von außen ergänzen Gauben die abwechslungsreiche Dachlandschaft, während im Inneren individuelle Maisonettes mit Oberlichtern und Terrassen entstehen. Letzten Endes sei es wohl die Idee der Einzelhäuser gewesen, die im Wettbewerb überzeugen konnte, glauben die Architekten. Viel wichtiger ist jedoch, dass das Ostermeier-Quartier nach seiner Fertigstellung ein selbstverständlicher Teil des Stadtbildes geworden ist, der die Balance zwischen moderner Systematik und pittoresker Erscheinung hält. Denn was sich auf dem Papier vermeintlich gut einfügt, sei doch immer ein kleines Experiment, dessen Gelingen erst in der Realität von den Planenden, aber vor allem durch die Bewohner* innen beurteilt werden könne. In diesem Zusammenhang war es für das gesamte Team das größte Lob, dass das traditionsbewusste und durchaus kritische Bürgertum das Quartier akzeptiert und als Teil seiner Altstadt angenommen hat.
Das Feuerwehrareal in Celle wurde mit dem Sonderpreis des Deutschen Ziegelpreises 2021 ausgezeichnet.
// ZWISCHEN ZEITGEIST UND TRADITION
Schon zu Beginn des Wettbewerbs um die Neubebauung des Feuerwehrareals in Celle war die Meinung der Bürger*innen gefragt. Gab es zunächst noch einige kritische Stimmen, die den Entwurf als zu modern empfanden, so waren auch diese spätestens mit Fertigstellung überzeugt. Entstanden sind zwei Baukörper, die sich mit ihren ausgeprägten Satteldächern bewusst von der Kleinmaßstäblichkeit der Alt- und Vorstadt abheben. Die Fassade dagegen verarbeitet Motive des Ortes, der bis heute von einer mittelalterlichen FachwerkArchitektur geprägt ist: Leichte Versprünge in der Gebäudekubatur treffen auf variierende Lochfassaden und ortstypische Materialien. Und auch hier gelingt es Lorenzen Mayer Architekten, die örtlichen Gegebenheiten weiterzubauen – mit einer Angemessenheit, die den Zeitgeist ebenso würdigt wie die Tradition.
Bildnachweise: Lorenzen Mayer Architekten (1,2); Marcus Ebener (3,4); Till Schuster (5)

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