// IST TEMPORÄRE ARCHITEKTUR DIE NACHHALTIGERE?

// PROF. FABIAN A. WAGNER, BUERO WAGNER, BREITBRUNN A. AM MERSEE/MÜNCHEN

Mit seinen Projekten bewegt sich Architekt und Hochschulprofessor Fabian A. Wagner zwischen Stadt und ländlichem Raum. Während seines Stipendiums an der Villa Massimo in Rom entwarf er den Schwarzen Pavillon als wandelund wiederaufbaubaren Dachraum.

Unter dem Begriff „Temporäre Architektur“ verstehen wir Bauwerke, die für eine begrenzte Nutzungs- und Lebensdauer entworfen werden. Auf den ersten Blick widerspricht das dem in den letzten Jahren geführten Nachhaltigkeitsdiskurs, der den Fokus auf robuste, langlebige und resiliente Bauten legte.

Temporäre Bauten überdauern selten Jahrhunderte. Sie werden entworfen, um schnell und unkompliziert mit wenig Ressourcen Raum zu schaffen. Schnelles Bauen erfordert einen gewissen Grad an Vorfertigung, weshalb die Bauteile idealerweise modular sind. Auf „Nassverbindungen“ (Kleben, Vergießen) wird weitgehend verzichtet. Knotenpunkte müssen leicht zugänglich sein, um eine einfache Montage und Demontage zu gewährleisten. Daher müssen schon im Entwurf nicht nur Aufbau, sondern auch Rückbaubarkeit und Transportfähigkeit mitgedacht werden. Auch bei der Verankerung im Boden wird durch Gewichte oder eine rückbaubare Schraubfundamentierung mikroinvasiv vorgegangen.

Als Beispiel wurde beim Schwarzen Pavillon eine möglichst reduzierte und ökonomische Materialauswahl getroffen: Er besteht aus lediglich zwei verschiedenen Hölzern. Für die Tragstruktur wurde eine einfache Kontruktion verwendet: das Aneinanderlehnen von zwei Holzsparren, die in der Reihung ein Steildach bilden, um Regen schnell von den wenig witterungsbeständigen Seekieferplatten abzuleiten. Damit alle Anschlusspunkte mittels Schraubverbindungen hergestellt werden können, wurde in verschiedenen Ebenen konstruiert und mit einfachen Zangenverbindungen sowie „Nagelplatten“ aus Holz gearbeitet. Zur Verankerung wurden Erdnägel mit Seilen an den Fußpunkten der Sparren befestigt. Die Gleichheit der Bauteile und die Einfachheit der Fügungen des Pavillons machen es möglich, die Platten und Kanthölzer auch für andere Nutzungen wiederzuverwenden. So haben Studierende der Hochschule Kaiserslautern im Wintersemester 2023/2024 aus den Bauteilen einen „neuen“ Zirkulären Pavillon entworfen, der im Sommer im Stuttgarter Akademiegarten im Design-Build aufgebaut wird.

Die temporäre Bauweise hat bei genauer Betrachtung viele Gemeinsamkeiten mit der zirkuläre. Konzentrierten sich die letzten Jahre auf Langlebigkeit und Dekomplexisierung des Bauwesens, möchte man Gebäude heute vor allem reparaturfähig und demontierbar entwerfen. Ausgebaute und, wenn nötig, überarbeitete Bauteile sollen so möglichst lange im Stoffkreislauf verbleiben und an anderer Stelle wiedereingebaut werden. So können temporäre Bauten Impulsgeber und Vorbilder für eine ressourcenschonende, zirkuläre Bauwirtschaft sein und einen wichtigen Beitrag zur Bauwende leisten.

Bildnachweise: Flo Generotzky

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