// BAUEN WIR MIT ODER GEGEN DIE NATUR?

// TECHNISCHE UNIVERSITÄT, BERLIN
Luisa Richter, Studentin der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin und Nachwuchs-Kolumnistin beim Deutschen Architektenblatt, über den (zukünftigen) Stellenwert der Natur in der gebauten Umwelt.

Ein Blick auf den aktuellen Diskurs in der Baubranche bestätigt: Klimaresilient ist das neue Nachhaltig. Ansätze wie die wassersensible Stadt oder die Schwammstadt fordern mehr Grün in unseren Städten – im öffentlichen Raum, auf Dächern und an Fassaden –, um die Versickerung von Regenwasser zu ermöglichen und die Überhitzung zu vermeiden. Auch das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen werden von einer ansprechenden Begrünung positiv beeinflusst. Und darüber hinaus bringen wir damit die Natur (zurück) in unsere Städte – das gilt sowohl für die Pflanzen- als auch für die Tierwelt.

Die Realität sieht aber leider etwas anders aus. Ein Gebäude erreicht mit seiner Fertigstellung den Zustand, der mit dem Entwurf versprochen wurde. Die Freianlagen- und Begrünungsplanung ist jedoch auf einen wesentlich längeren, bis zu 50 Jahre dauernden Zeitraum angelegt, um das gewünschte Erscheinungsbild zu erreichen und entsprechend pflege- und kostenintensiv. Weiterhin fehlt oft die Betrachtung im richtigen Maßstab. Denn Klimaresilienz lässt sich nicht erreichen, indem wir einzelne Grundstücke oder Gebäude betrachten. Wir müssen größer denken und das setzt die Zusammenarbeit und das Ineinandergreifen verschiedener Disziplinen und Behörden voraus. Ein Beispiel sind Architektur und Landschaftsarchitektur, die nach wie vor mehr nebeneinander als miteinander arbeiten. Um der Natur eine höhere Priorität zu geben, müssen wir uns zusammentun und uns erst einmal fragen, für wen wir überhaupt bauen wollen. Beispielsweise würde mit einer radfahrerfreundlichen anstatt einer autogerechten Planung das Grün mehr Einzug in unsere Städte erhalten. Sie wäre dann die Basis für die weitere Gebäudeplanung.

Und selbst auf dieser Ebene gilt: Wir können der Natur einen größeren Stellenwert verschaffen, indem wir die einzelnen Bauteile größer denken. Beispielsweise sind geneigte Dachflächen je nach Standort und Ausrichtung für Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen besonders geeignet. Dort, wo sie nicht in Frage kommen, können Dachflächenfenster für eine angenehme Belichtung des Innenraums genutzt oder Dachbegrünungen eingesetzt werden. Mit diesen Möglichkeiten erhält das Steildach neben dem Witterungsschutz weitere neue Nutzwerte, von denen auch das Klima langfristig profitieren kann.

Bildnachweise: Luisa Richter

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